Amira - die Haflingerstute

Amira soll eine Chance bekommen, aber auf welcher Seite des schmalen Grates, auf dem sie sich gerade vorsichtig bewegt, ihre Reise weitergeht, ist noch nicht entschieden. Ihre Hufe waren jahrelang nicht gekürzt worden, ihre Vorderbeine sind stark o-beinig, die Hinterbeine arthrose-steif, Mangelerscheinungen prägen ihr gesamtes Erscheinungsbild (Selen und andere Spurenelemente).
Als sie im März 2015 zu uns kam, interessierte sie sich für nichts – nicht für die anderen Pferde, nicht fürs Futter, nicht für uns Menschen und kaum für die Wiese. Sie bewegte sich wenig, wich ab und an einem anderen Pferd aus und hatte bei jeder Bewegung Schmerzen.

Unsere Tierärztin hofft mit uns, daß Fütterung und freie Bewegung ihre Gelenke geschmeidiger machen und der Muskelaufbau hilft das Körpergewicht besser zu tragen. Im Gegensatz zu Pepe zeigt Amira leider wenig Lebenswillen und kann sich nicht einmal für Futter wirklich begeistern.
Wir hoffen, daß es mit der Mischung aus Pferdegesellschaft, Bewegung, gesunder Ernährung, Weidegras und Sonnenschein gelingt sie ins Leben zurück zu überreden. In ein Zuhause würden wir sie erst abgeben, wenn sie sich deutlich entschieden hat auf der Welt zu bleiben.

Neues aus dem Mai

Am Montag waren die Schmiede (Markus Raabe und Tiffany Hild von Equiwent - Schmiede ohne Grenzen) hier und waren - ebenso wie unsere Tierärztin - mit Amiras Fortschritten deutlich zufrieden.
Die Vorderhufe nehmen langsam wieder Form an, auch wenn die Arthrosen in den Vorderfußwurzelgelenken durch die jahrelange nahezu bewegungsfreie Haltung auf immer länger wachsenden Hufen natürlich irreparabel sind und der Belastungsschwerpunkt vorne immer auf der äußeren Hufwand bleiben wird.
Die Hinterhufe waren zum Glück einigermaßen vernünftig und gleichmäßig abgelaufen in den zwei Monaten, die sie jetzt bei uns ist. Geben konnte sie die Hinterhufe nämlich noch nicht. Nicht aus Sturheit, sondern weil es ihr einfach noch zu viele Schmerzen bereitet. Beim letzten Mal galt das auch noch für die Vorderhufe, die sie am Montag einwandfrei geben konnte und wie eine Eins stillgestanden hat.
In den Hinterbeinen sind die Sehnen noch nicht so gut regeneriert wie in den Vorderbeinen. Durch die mangelnde Bewegung haben sich die Sehnen in den Sehnenscheiden ja mehrere Jahre fast gar nicht mehr bewegt. Dadurch kommt es zu Verklebungen von Sehne, Sehnenscheide und Gelenkflüssigkeit, die bei ungewohnten Bewegungen und vor allem dem Auftreten nach dem Hochheben des Beines einen enormen Schmerz auslösen. Jeder, der einmal einen Gehgips abgenommen bekommen hat, hat eine leise Ahnung was gemeint ist... Ohne Sedierung die Hinterhufe zu bearbeiten wäre unmöglich gewesen.
Da sich diese Verklebungen aber durch Bewegung langsam wieder lösen, stehen die Chancen gut, daß Amira beim nächsten Schmiedebesuch auch die Hinterbeine problemlos geben kann. Sie steht mit vier anderen älteren Semestern auf einer 4ha großen Wiese und kann sich Tag und Nacht im eigenen Tempo bewegen und zwischendurch ruhen, so wie sie es braucht. Für andere Pferde ist es nur Weidegang - für Amira ist es Physiotherapie...
Auf dem zweiten Foto sieht man, wie sie krampfhaft das Hinterbein anzieht und sich nicht traut, es gegen den Schmerz wieder nach unten zu bewegen. Es hat gut zwei Minuten gedauert bis sie sich dazu durchgerungen hat.

In dem Maße, wie die Sehnen wieder geschmeidiger in den Sehnenscheiden gleiten können wird auch ihre Steifheit nachlassen, ihre Muskulatur, vor allem die Kruppenmuskulatur hat sich schon deutlich verbessert, so daß der ganze Körper auch zunehmend besser gestützt ist.
Amiras Prognose sieht also langsam aber sicher besser aus. Vor allem entwickelt sie langsam aber sicher einen Lebenswillen, freut sich am saftigen Weidegras und an der Pferdegesellschaft.
Im Moment ist Amira für uns noch kein Vermittlungstier, dafür möchten wir sie auf jeden Fall deutlich schmerzfreier und beweglicher sehen - möglicherweise wird sie auch hier ihren Lebensabend verbringen.

September 2015

Amira läuft mit den anderen Pferden auf der Weide herum, und auch wenn sie nicht rennt, sie trabt doch zumindest, ist immer an Gesellschaft interessiert und hat einen gesunden Appetit, so dass sie inzwischen einen ganz passablen Ernährungszustand erreicht hat. Manchmal schüttelt sie übermütig den Kopf und ist insgesamt deutlich, deutlich beweglicher geworden. Aber ein Wunder ist natürlich nicht möglich.
Obwohl der Schmied mit langsamen, kleinen Stellungskorrekturen einen großen Teil zu ihrer Rehabilitierung beigetragen hat und wir regelmäßig Krankengymnastik mit ihr gemacht haben ist die Außenstellung der Karpalgelenke mit der daraus folgenden schiefen Hufstellung schlimmer werdend (auf den ersten Bildern von Amira schon sehr deutlich zu erkennen), die Fehlstellungen und daraus entstandenen Arthrosen, die sich hier und in etlichen anderen Gelenken über Jahre durch den quälerischen Bewegungsmangel gebildet und manifestiert haben sind nicht rückgängig zu machen. Was ihr Linderung verschaffen kann ist die ganztägige Bewegung in ihrem eigenen Tempo. Durch den großen, abwechslungsreich gestalteten Paddock ist das bei uns auf dem Geißblatthof auch den ganzen Winter über gegeben. Solange das Wetter nicht zu regnerisch und das Gras dadurch rutschig und matschig wird, soll sie im Spätherbst auf der Weide am Hof bleiben um größere Strecken zurückzulegen. Auch dort steht ihr natürlich ein Offenstall zur Verfügung.
Wie gut oder schlecht sie durch die kalte und feuchte Jahreszeit kommt wird sich zeigen, das Wetter spielt für Arhtrosepatienten ja immer eine entscheidende Rolle. Wir hoffen sehr, dass sie noch ein paar schöne Sommer erleben darf, sind aber bereit im Ernstfall auch eine andere Entscheidung zu fällen und sie gehen zu lassen. Hoffen wir, dass es noch nicht allzu bald so weit ist.

Für eine finanzielle Unterstützung für Dauerpflegefälle wie Amira und Pepe sind wir sehr dankbar. Heucobs helfen genauso wie eine Patenschaft, eine Fördermitgliedschaft oder eine einmalige Spende. Mit Ihrer Hilfe können wir Dauerpflegefällen einen würdigen Lebensabend bereiten.

DANKE!

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